Welche Insolvenzstraftaten gibt es?
Die am häufigsten vorkommenden Insolvenzstraftaten sind die Insolvenzverschleppung, das Vorenthalten und Veruntreuen von Sozialversicherungsbeiträgen und die sogenannten Bankrottstraftaten (Bankrott, Verletzung der Buchführungspflichten und die Gläubigerbegünstigung).
Insolvenzverschleppung, § 15a InsO
Gemäß § 15a InsO wird das nicht oder nicht rechtzeitige bzw. das nicht richtige Stellen des Eröffnungsantrages bei Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) einer juristischen Person mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe unter Strafe gestellt. Dabei ist der Antrag ohne schuldhaftes Zögern, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung zu stellen.
Die Insolvenzverschleppung betrifft, was die Strafbarkeit angeht, nur die Geschäftsführer einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), den Vorstand einer AG oder einer Genossenschaft und den Direktor einer Ltd. Im Fall der Führungslosigkeit betrifft sie auch die Gesellschafter einer GmbH oder die Mitglieder des Aufsichtsrates einer AG oder Genossenschaft.
Daneben führt sie zur Haftung der genannten Personen mit ihrem Privatvermögen sowohl im Innenverhältnis gegenüber der Gesellschaft als auch im Außenverhältnis gegenüber den Gläubigern. Die Haftung ist also nicht nur auf die Stammeinlage begrenzt.
Nicht davon betroffen sind hingegen Vereinsvorstände, Personengesellschaften oder Einzelunternehmer. Für diese hat eine Insolvenzverschleppung nur haftungsrechtliche Konsequenzen.
Wichtig!: Äußerst wichtig ist noch, dass wer wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung auch nur zu einer geringen Geldstrafe verurteilt wird, das Amt eines Geschäftsführers einer GmbH für fünf Jahre nicht ausüben darf (§ 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass wer zu nicht mehr als 90 Tagessätzen verurteilt wird, zwar als nicht vorbestraft gilt, ihm aber trotzdem gemäß § 6 GmbHG ein faktisches Berufsverbot auferlegt wird. Aus diesem Grunde sollte eine Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung durch ein Gespräch mit der Staatsanwaltschaft, soweit irgend möglich vermieden werden, wenn eine weitere Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH angedacht ist.
Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, 266 a StGB
Gemäß § 266a Absatz 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer als Arbeitgeber Pflichtbeiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung nicht zahlt.
Ausgeschlossen ist die Strafbarkeit nur in den Fällen, in denen der Täter aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen wie z.B. einer Krankheit zum Fälligkeitszeitpunkt verhindert ist, die Beiträge zu bezahlen (sog. Unmöglichkeit). Zahlungsunfähigkeit führt nur dann zur Unmöglichkeit und damit zur Nichtstrafbarkeit, wenn der Schuldner aus Geldmangel zu überhaupt keinen Zahlungen mehr in der Lage ist. Die Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmeranteile ist dabei absolut vorrangig vor allen anderen fälligen Verbindlichkeiten des Arbeitgebers. Die Arbeitnehmeranteile müssen zuallererst mit den vorhandenen Mitteln beglichen werden. Wenn der Arbeitgeber im Vorfeld andere Verbindlichkeiten bezahlt hat und dadurch die Zahlungsunfähigkeit hervorgerufen hat, führt dies nicht zur Unmöglichkeit. Fällig sind die Arbeitnehmerbeiträge am drittletzten Bankarbeitstag des jeweiligen Beschäftigungsmonats.
Bankrott, § 283 StGB
Gemäß § 283 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer bei Überschuldung oder drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit
Ebenso ist die Herbeiführung der Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit durch eine der oben bezeichneten Handlungen strafbar.
Danach kann bei einer Unternehmensinsolvenz unter anderem die verspätete Aufstellung des Jahresabschlusses zur Strafbarkeit führen (§ 283 Absatz 1 Nr. 7b StGB).
Gemäß § 264 Absatz 1 Satz 3 HGB sind für Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung) sowie bestimmte Personenhandelsgesellschaften der Jahresabschluss und der Lagebericht von den gesetzlichen Vertretern in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr aufzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften (§ 267 Absatz 1 HGB) dürfen den Jahresabschluss auch später aufstellen, wenn dies einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entspricht, jedoch auch nur innerhalb der ersten sechs Monate des Geschäftsjahres
Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB
Die Tathandlungen des § 283b StGB entsprechen denen des oben aufgeführten § 283 Absatz 1 Nr. 5, 6 und 7 StGB. Der einzige Unterschied sind, dass ein Handeln in der Krise nicht vorliegen muss oder nicht nachgewiesen werden braucht, auch wenn diese in der Folge gemäß Absatz 3 eintreten muss.
Die Verletzung der Buchführungspflicht wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft.
Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB
Gemäß § 283c StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wer bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit einen Gläubiger begünstigt, indem er ihm eine Sicherheit oder Befriedigung gewährt, die dieser nicht zu beanspruchen hat. Zudem muss der Schuldner dem Gläubiger absichtlich oder wissentlich einen Vorteil verschafft haben, der die übrigen Gläubiger benachteiligt, d.h. dass diese eine geringere Quote erhalten. Nicht zu beanspruchen hat der Gläubiger die Sicherheit oder Befriedigung etwa, wenn der Schuldner die Leistung verweigern kann, bei Leistung an Erfüllungs statt oder bei nicht fälligen Forderungen.
In der Praxis kommen Verurteilungen wegen Gläubigerbegünstigung aber eher selten vor.
Eingehungsbetrug, § 263 StGB
Wer einen Betrug gemäß § 263 StGB begeht wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Im Rahmen von Insolvenzen wird der Betrug meist in Form des sogenannten Eingehungsbetrugs begangen. Dabei wird etwa bei einem Lieferanten trotz bereits eingetretener Krise weiterhin Ware bestellt, in der Hoffnung, dass sich durch den Verkauf die Geschäftssituation bessern wird, obwohl es sehr wahrscheinlich ist, dass diese nicht bezahlt werden kann (sogenannter Lieferanten. oder Warenkreditbetrug).
Steuerhinterziehung, § 370 AO
Oftmals passiert es in Krisensituationen, dass die Lohnsteuer nicht abgeführt oder dass die Umsatzsteuererklärung nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben wird. Dies kann gemäß § 370 AO mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Sollte es zu einer Verurteilung wegen Steuerhinterziehung kommen, sind die entsprechenden Forderungen des Finanzamtes gemäß § 302 InsO Nr. 1 InsO von einer Restschuldbefreiung in der Insolvenz ausgenommen.
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